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Gedanken über Gedanken

Teil II

Hinweise auf das Letztendliche

Frank Vollbrecht, Büttgen, 2014

 

Zen - Ochsenbild

Die vollkommene Vergessenheit von Ochse und Hirte

 

 

1.   Einleitung

2.   Wirklichkeit und Scheinwelt

3.   Beschreibung des letztendlich Wahrnehmbaren

4.   Transpersonale Entwicklung des Geistes

5.   Weltmodelle

6.   Das Nicht-Duale

Referenzen und Kommentare

 

1.     Einleitung

 

Im ersten Teil wurde versucht, verschiedene Sichten auf das Phänomen der Gedanken zu bekommen und auch den Umgang mit ihnen. Über das Bewusstsein und den Wahrnehmungsprozess in Verbindung mit dem Nachweis der Illusion eines Ich entstand die Fragestellung, wer oder was das eigentlich Wahrnehmende sei, wobei die Beantwortung offen blieb. Bei der Beantwortung dieser Frage wurde ansatzweise die Begrenztheit des Intellekts aufgezeigt, mit dem Ergebnis, dass die Beantwortung dieser Frage mit Worten unbeantwortbar sein muss bzw. nur unvollständig sein kann.

 

Der Zustand dieses Ergebnisses ist aus intellektueller Sicht unbefriedigend. Daher soll hier in Teil II versucht werden, einige Aspekte des Unbeantwortbaren, also des Letztendlichen, des Absoluten zu beleuchten, auch wenn dessen Kern niemals durch Worte getroffen werden kann. Da das Letztendliche nicht beschreibbar ist, sondern allenfalls wahrnehmbar, kommt hier natürlich auch verstärkt der kulturelle und religiöse Hintergrund bei der Interpretation des Wahrgenommenen und gleichzeitig nicht Beschreibbaren zum Vorschein.

 

2.     Wirklichkeit und Scheinwelt

 

Die von Nagarjuna schon im 2. Jahrhundert begründete Philosophie des Madhyamaka setzt sich ausführlich mit der Fragestellung des Wahrgenommenen und seiner Bedeutung im Hinblick auf die Wirklichkeit auseinander. Im 7. Jahrhundert kommentierte der indische Philosoph Chandrakirti diese Philosophie, indem er 20 verschiedene Arten des Leerseins in Versform beschrieb, die wiederum Khenpo Tsultrim Gyamtso Rinpoche in einer Form beschrieb und erläuterte, so dass sie für das westliche Denken verständlicher wurden [1]. Die Bedeutung des Wortes  „Leersein“ liegt dabei jenseits aller Art von Vorstellung, Begriff oder Idee, die einen Unterschied zwischen diesem und jenem erfinden könnte [2], weswegen auch die für das westliche Verständnis angelegten Erläuterungen des Khenpo Tsultrim Gyamtso Rinpoche nur durch intensive Nachbetrachtung leichter verständlich werden. Alle Vermutung des Vorhandenseins der Dinge wird als irrig überführt, ohne aber irgendetwas an dessen Stelle zu setzen, denn andernfalls verhülle dies die Erkenntnis wahrer Wirklichkeit, welche frei von allem Vorgestellten ist [3].

 

Die eigentliche Wirklichkeit wird von Nagarjuna durch folgenden Vers beschrieben [4]:

 

Durch Gleichnis nicht erfassbar – Stille,

Nicht mehr der Gedanken Werk,

Ohne etwas auszudenken, in sich ohne Unterschied –

Dies sind die Kennzeichen des schieren Seins.

 

Eine der Schlussfolgerungen dieses Verses wurde von Shantideva durch die Aussage „Wirklichkeit ist nicht erfassbar durch Verstand“ umschrieben [5]. Khenpo Tsultrim Gyamtso Rinpoche führt den Nachweis des Anscheins aller Dinge (bzw. von Allem) als leeren Schein in aller Ausführlichkeit durch logisches Widerlegen [6]. Eine Schlussfolgerung dieses Nachweises ist das Ergebnis, dass Wirklichkeit nicht beschreibbar ist und alle Interpretationen des Wahrgenommenen eine Scheinwelt darstellen. Diese Sicht wird allerdings nicht von allen Schulen des Buddhismus geteilt. Khenpo Tsultrim Gyamtso Rinpoche erläutert dies wie folgt [7]:

 

Es gibt 4 verschiedene Hauptrichtungen hinsichtlich direkter (d.h. nichtkonzeptueller) Wahrnehmung. Die Vaibhasheka-Schule des Buddhismus, die kleinste unteilbare Teilchen [8] postuliert, aus denen sich die äußere Welt zusammensetzt, und die Sutra-Schule (Sautrantika) [9] sind der Ansicht, dass eine direkte und valide sinnliche und mentale Wahrnehmung besteht, die auf der Existenz äußerer Objekte beruht [10].

 

Im Gegensatz dazu steht die Nur-Geistschule des Cittamatra, der zufolge äußere Objekte nicht unabhängig existieren, sondern nur als Ergebnis verwirrter Gewohnheitsmuster, so dass die  Wahrnehmung äußerer Objekte nicht auf einer validen Wahrnehmung basiert. Die einzigen Formen valider Wahrnehmung werden bei beim Cittamatra und Sautrantika nur bei der Erkennung des eigenen Bewusstseins sowie bei yogischer (transpersonaler) Wahrnehmung gesehen, d.h. des Erkennens eigener Wahrnehmungen auf der einen Seite und der Wahrnehmung authentischer Wirklichkeit durch tiefgehende Meditation.

 

Der Mittlere Weg der Madhyamaka-Schule geht noch einen Schritt weiter und konstatiert, dass überhaupt kein einziges Phänomen real existiert. Es gebe nichts, über das man Aussagen/Behauptungen treffen kann. Es gebe auch niemanden, der überhaupt eine Aussage/Behauptung machen kann, so dass es auch keine Aussagen und Behauptungen selbst geben kann. Dinge wie auch die direkte Wahrnehmung können nur auf Basis einer relativen Sicht getroffen werden.

 

In einer weiteren Unterschule, der sogenannten Prasangika-Madhyamaka wird folgende logische Konsequenz gezogen: man kann nicht feststellen, dass eine Aussage gültig ist, man kann auch nicht feststellen, dass das das Gegenteil der Aussage gültig ist, aber auch sind nicht Aussage und ihr Gegenteil gültig noch ungültig, noch sind Aussage und ihr Gegenteil weder gültig noch ungültig.   

 

Die Vertreter dieser tiefgründigen Unterschule widerlegen auf diese Weise alle Behauptungen/Aussagen.

 

Die Prasangika-Madhymaka-Schule enthält selbst noch 2 weitere Strömungen, die Rangtong-Schule, die die Leerheit des Selbst voranstellt und den Schwerpunkt auf die Zurückweisung aller konzeptuellen Referenzen legt, sowie die Shengtong-Schule, die im Hinblick auf die Erkenntnis der Natur der wahren Realität den Schwerpunkt auf die durch die Meditation gewonnenen Leerheits-Erfahrungen legt [11].  

 

 

Als Resultat dieser Aussagen des Madhyamaka bleibt daher nur der Versuch, sich einigen Scheinwelten zu „nähern“, um eine Richtung zu erahnen, wie wohl die Wirklichkeit beschaffen sein mag [12], dabei aber wohl wissend, dass die Beschreibungen unvollkommen und widerlegbar sind. Die unterschiedlichen Sichtweisen, wie sie hier deutlich wurden, treten in ganz ähnlicher Form bei den Interpretationen der Quantenphysik auf, wie sie in Teil I im Kapitel „Geist“ beschrieben sind.

  

3.     Beschreibung des letztendlich Wahrnehmbaren

 

In Teil I wurden insbesondere im Kapitel 3 „Wer oder was ist das Wahrnehmende“ schon Zitate mit Beschreibungen des Wahrnehmbaren bzw. des Wahrnehmenden aufgeführt, wobei aber das Letztendliche offen bleiben musste. In Kapitel 9 von Teil I „Geist“ wurde dann versucht, Hinweise zum Letztendlichen aus verschiedenen kulturellen und religiösen Interpretationen aufzuzeigen.

 

Von mehreren Autoren wurden Beschreibungen angefertigt, wie man durch Meditation zu verschiedenen Stufen einer Tiefenerfahrung gelangen kann und welche Erscheinungen Bestandteil dieser Stufen sind, wobei bei die gemachten Erfahrungen erst im Nachhinein interpretativ wiedergegeben werden können, da die herkömmliche bewusste Wahrnehmung in diesen Stufen nicht mehr vorhanden ist [13].

 

Ayya Khema beschreibt den Zustand wie folgt [14]:

 

Die Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl bedeutet natürlich, dass über den Zustand selbst überhaupt nichts zu sagen ist. Wir wissen wohl, wann wir hineingehen, weil wir uns das ja vornehmen müssen, denn es geschieht nicht automatisch oder zufällig, und wir wissen, wie wir herauskommen. Und das war es auch schon. … Nachher wissen wir, dass zu der Zeit sowohl der körperliche als auch der geistige Zustand wie ausgelöscht war, sodass wir sagen können, dass wir uns zu der Zeit nicht in dieser Welt befanden. Aber das sollten wir nicht falsch verstehen, dass sich der Geist nun gelöst hat und da oben herumgeschwirrt ist, denn nichts dergleichen geschieht. Der Körper war nicht zu spüren und ebenso der Geist …

 

Das totale Austreten ermöglicht es natürlich auch, dass wir die neunte meditative Vertiefung mit dem Tod vergleichen können. Temperatur und auch die Lebensenergie sind immer noch vorhanden. Das Erleben der neunten meditativen Vertiefung ist nicht nur ein Nahtod-Erlebnis, sondern es ist ein Erlebnis, das dem Tod gleichkommt, wir jedoch danach zu diesem Leben zurückkehren. …    

 

Ajahn Brahm schreibt hierzu [15]:

 

Auf der vierten unstofflichen Stufe ist Citta [16] so gut wie ganz verschwunden. Deshalb nennt man diesen Zustand „Weder Wahrnehmung noch Nicht-Wahrnehmung“. Citta steht unmittelbar vor seinem Aufhören. Einen Schritt weiter, und man ist in dem Zustand, der „Aufhören des Fühlens und Wahrnehmens“ genannt wird. Was eben noch als die subtilste aller überhaupt möglichen Erscheinungsformen des Citta vorhanden war, ist jetzt nicht mehr da. Es verschwindet, es hört auf, es erlischt. …

 

Man erkennt, dass alles zum Stillstand gekommen und nichts, gar nichts geblieben ist.

 

 

 

Beschreibungen zum Wahrnehmbaren wurden im Christentum u.a. im 16. Jahrhundert von den Karmelitern Teresa von Avila (1515-1582) und Johannes vom Kreuz vorgenommen, bei denen sich allerdings die Interpretation des Wahrgenommenen an dem damals vorherrschenden Gottesbild orientiert. Hier ein Auszug aus der Beschreibung von Teresa von Avila [17]:

 

Es ist das, was Gott der Seele dort in einem Augenblick mitteilt, ein so großes Geheimnis und eine so erhabene Gnade, und eine von der Seele dabei empfundene so überaus große Beseligung, dass ich nicht weiß, womit ich es vergleichen soll, es sei denn damit, dass der Herr ihr in diesem Augenblick auf eine erhabenere Weise als sonst bei irgendeiner Vision oder geistlichen Wonne die Herrlichkeit zeigen will, die es im Himmel gibt. Es lässt sich darüber nicht mehr sagen, als dass die Seele – ich meine der Geist dieser Seele –, soweit man es erkennen kann, mit Gott eins geworden ist, denn da er ebenfalls Geist ist, hat Seine Majestät die Liebe, die er zu uns hat, offenbaren wollen, indem er einigen Personen zu verstehen gibt, wie weit diese geht, damit wir seine Größe preisen; so innig nämlich hat er sich mit dem Geschöpf verbinden wollen, dass er sich nicht mehr von ihm trennen will, so wie die, die sich nicht mehr trennen können.

 

Ihre Aussagen, jede Person [18] könne durch Inneres Beten [19] und Kontemplation auf einem Stufenweg bis hin zur Vereinigung mit Gott [20] während der aktiven Lebensphase gelangen, wurden seitens der Kirche auch nach erfolgter Überprüfung durch die Inquisition erstaunlicherweise akzeptiert [21], obwohl sie sich mit ihren Ansichten nicht nur an ihre Ordensschwestern wandte, sondern alle Menschen einbezog und ihnen einen Entwicklungsweg aufzeigte, an dessen Ziel die Einung des Selbst mit Gott steht [22]. Die von Theresa von Avila gewonnenen Einsichten wurden aber leider seitens der Kirche nicht ausreichend verkündet, so dass das von ihr beschriebene Vorgehen in der breiten Öffentlichkeit bis heute nicht praktiziert wird und wohl auch weitgehend unbekannt ist, was ich nur als Trauerspiel der Kirche empfinden kann, da hier die Entwicklung der Gläubigen nicht gefördert wird und ihnen im christlichen Sinne das Glück der Einung mit Gott verborgen bleibt, sofern man sich nicht selbst hierum bemüht.

 

Der Weg hin zu der Einung mit Gott ist allerdings ein mit großen Schwierigkeiten verbundener Weg, die von Teresa von Avila in den einzelnen Stufen der Entwicklung, die sie Wohnungen nennt, auch aufgeführt werden. Auch Johannes vom Kreuz beschreibt in seinem Werk „Die dunkle Nacht“ [23] diesen Stufenweg, der von allen gegangen werden kann [24], und ausführlich auch die mit ihm verbundenen Schwierigkeiten, die sich ergeben, bevor die Einung mit Gott erreicht ist. Über die Einung mit Gott schreibt er:

 

5. Die zehnte und letzte Stufe dieser geheimen Treppe der Liebe bewirkt, dass der Mensch sich Gott völlig angleicht aufgrund der klaren Schau Gottes, die der Mensch unmittelbar dann besitzt, wenn er, nachdem er in diesem Leben die neunte Stufe erreicht hat, aus dem Fleisch hinausgeht. …

                 

6. …Aber auf dieser letzten Stufe der klaren Schau, die das oberste Stück der Treppe ist, wo Gott ruht, … , gibt es für den Menschen nichts Verborgenes mehr, aufgrund der völligen Angleichung. … Doch bis zu diesem Tag bleibt dem Menschen, wie hoch er auch geht, etwas verborgen, und zwar so viel, wie ihm für die völlige Angleichung an das Wesen Gottes noch fehlt.

 

So geht der Mensch durch diese mystische Theologie und geheime Liebe nach und nach aus allen Dingen und aus sich selbst hinaus und steigt auf zu Gott; denn die Liebe ist einem Feuer gleich geworden, das immer nach oben steigt, danach bestrebt, in das Zentrum seiner Sphäre einzutauchen.

 

Da alle Beschreibungsversuche immer auch Interpretationen enthalten, finden sich in jedem Fall Schwächen und Unzulänglichkeiten und können nur einen Hinweis auf das Wahrgenommene geben, so wie es die Madhyamaka-Philosophie Nargajunas (siehe oben) aufzeigt.

 

Auch der Versuch der katholischen Kirche, seit mehreren Jahrhunderten eine umfassende Beschreibung eines widerspruchsfreien oder –armen Gottesbildes zu etablieren, muss deswegen als gescheitert gelten. Schwächen des Gottesbildes im Hinblick auf seine ungelösten Dualismen (Gott versus Teufel oder Trennung Gottes von der Welt) wurden nicht aufgehoben oder transzendiert [25]. Versuche anderer, das alte Gottesbild zu verändern, wurden als Häresie bezeichnet und nicht anerkannt oder durch die Inquisition verworfen. Im 1. Jahrtausend wurden andersartige Gottesbilder, wie beispielsweise dem Versuch der Katharer, teuflische und göttliche Aspekte einander gegenüberzustellen, brutal von der damaligen Kirche Roms ausradiert [26]. Auch die zu den Katharern gegenteiligen Ansätze der Anhänger von Amlarich von Bene aus Paris, die  Amalrikaner, die versuchten, einen umfassenderen Gottesbegriff einzuführen, bei dem „Gott hier alles ist, auch und gerade das Böse, das erst die göttliche Allmacht erweist“, scheiterten an der damaligen Kirche Roms und endeten für die Anhänger dieser neuen Philosophie auf dem Scheiterhaufen [27]. Hier hat nach meiner Auffassung die Katholische Kirche eine einzigartige Gelegenheit ausgeschlagen, zu einem moderneren Gottesbild zu gelangen, das mit weniger Widersprüchen behaftet wäre.

 

Bleibt noch die Bibel selbst, die man an einigen Stellen ebenfalls als Interpretation des Wahrnehmbaren, das in den Briefen der Apostel enthalten ist, ansehen kann. Der indische Meditationsmeister des Surat Shabd Yoga (bzw. Sant Mat – Pfad der Meister) Param Sant Kirpal Singh zeigt [28], dass die relative und wörtliche Interpretation der Bibel hierbei unzureichend ist und durch eine absolute Sichtweise ersetzt werden müsste, um die Intention der Apostel und den Gehalt ihrer Aussagen besser zu verstehen [29]. Kirpal Singh unterscheidet bei seiner Betrachtung des Christentums zwischen den Lehren Christi, den er als Meister-Christen bezeichnet, und denen des institutionellen Christentums [30], wobei die christlichen Lehrsätze in erster Linie von den Aposteln formuliert wurden, wodurch der lebendige Impuls mit dem eigentlichen Verfasser fehlt [31]. Aus diesem Grund ist das Verständnis und die Würdigung der inneren Bedeutung der Worte Jesu für viele heutzutage nicht möglich mit Ausnahme der ethischen Grundsätze [32].

 

Die buchstäblichen Auslegungen der Aussagen verlieren laut Kirpal Singh ihre eigentliche Bedeutung [33]:

 

„Ohne die direkte innere Wahrnehmung (die nicht mit philosophischen Spekulationen oder intuitiver Einsicht zu verwechseln ist) zu haben, versuchen wir, die Bedeutung der Lehren auszulegen, die uns in Begriffen unserer eigenen begrenzten Erfahrung überliefert wurden. Was bildlich gedacht wurde, nehmen wir buchstäblich, und die übersinnlichen Beschreibungen würdigen wir zu bloßen Bildern herab.

 

Wir vergessen einfach, dass Jesus, wenn Er sagte, Er sei das ‚Licht der Welt‘, ‚der Sohn Gottes‘ und Einer, der Seine Jünger sogar ‚bis ans Ende der Welt‘ weder verlassen noch versäumen werde, nicht in seiner sterblichen Eigenschaft sprach, sondern, wie alle anderen großen Meister, als Einer, der mit dem Wort verschmolzen und Eins mit ihm geworden war.“

 

Da die Kirche und wohl auch die anderen theistischen Religionen weiter auf herkömmliche Interpretationen setzen, indem weiterhin kindliche Bilder wie z.B. Gott als Vater genutzt werden, verschlafen sie die Anforderungen an ein aktuelles Weltbild in ihrem Innersten. Man könnte auch provokativ sagen, dass die Kirche in ihrem Reifegrad auf dem Niveau von Kindern stehengeblieben ist. Der amerikanische Philosoph Ken Wilber zeigt mit seinem Konzept einer Integralen Welt auf, wie die Weisheitstraditionen insgesamt in ihrer Zeit stehengeblieben sind, aber wie ihre Erkenntnisse dennoch in ein zeitgemäßes Schema integriert werden können [34].

 

4.     Transpersonale Entwicklung des Geistes

 

Der heutige, gebildete Mensch benötigt Bilder und Erklärungen, die seinem Niveau entsprechen. Ken Wilber zeigt die Entwicklung der Psyche als einen Entwicklungsweg in einer Gegenüberstellung von Ich und Nicht-Ich auf, ausgehend von einer Stufe des Fötus, der noch keine eigenes erkennendes Ich-Bewusstsein besitzt (hier mit Pleroma bezeichnet im Sinne eines göttlichen Erlösungszustands), über eine frühkindliche, nonverbale Phase, bei der ein Körper-Bewusstsein entsteht, über den verbal-konzeptuellen Bereich bis hin zu einem transpersonalen Bereich, bei dem das Ich-Bewusstsein und auch die Sinnestätigkeiten wieder verblassen. Diese transpersonalen Phasen oder Zustände sind sowohl von Ken Wilber als auch von anderen Autoren ausführlich beschrieben worden [35].

 

Die folgende von Ken Wilber übernommene und leicht abgewandelte Grafik stellt den Entwicklungsweg der Psyche des Menschen dar [36]:

Abbildung 1 – Entwicklung der Psyche des Menschen

 

Nach buddhistischer Ansicht wird dieser Entwicklungsweg von allen Lebewesen durchlaufen, d.h. auch z.B. von Insekten, wobei die höheren Stufen im Allgemeinen nur beim Ableben im Bruchteil von Sekunden durchlebt werden, so dass es zu keinem nennenswerten Wahrnehmungseffekt bei den meisten Lebewesen kommt [37]. Beim Menschen mit seiner gegenüber einfachen Lebensformen höher ausgebildeten geistigen Struktur können die Effekte bereits während der Lebenszeit auftreten, aber auch erst mit Ablauf des Todes in einer deutlich längeren Zeitspanne, in der weiteres geistiges Handeln und Wahrnehmen möglich sind [38]. Das Fortschreiten der Entwicklung im transpersonalen Bereich verläuft aber keinesfalls direkt, wie es Abb. 1 vermittelt, sondern phasenweise und schleifenförmig[39] sowie auch sprunghaft zwischen den einzelnen Stufen der Entwicklung[40].

 

Auch in der katholischen Kirche sind diese transpersonalen Zustände bereits im 16. Jahrhundert von Theresa von Avila thematisiert und beschrieben worden [41]. Diese Beschreibungen haben sogar die Inquisition überstanden und wurden von der Kirche autorisiert. Nur dass die Kirche hieraus Konsequenzen im Hinblick auf ein neueres Weltbild gezogen hat, lässt sich nicht feststellen. Sie verbleibt bei dem Kindchen-Schema. Theresa von Avila stellt in ihrem Werk „Die Wohnungen der inneren Burg“ auf geschickte Weise fest, dass das Verständnis bei etlichen Kirchenvertretern zu wünschen übrig lässt [42]. Vielleicht ist das neben dem Versuch von Machterhalt ein weiterer Grund, weswegen sich die Kirche seit dem 1. Jahrtausend sich nur unzureichend wandelt, obwohl die alten Bilder versagen und sich auch kaum noch ausreichend als Metainformation verwenden lassen.

 

 

In den transpersonalen Stufen wird die von Kirpal Singh beschriebene Meisterschaft [43] ausgebildet, die im Erreichen des Endpunkts auf diesem Entwicklungsweg (auch als Omegapunkt bezeichnet) gipfelt [44]. Dieser Endpunkt wird von Ken Wilber als endgültig/grundlegender Zustand beschrieben [45]: 

 

„Dieser Zustand ist nicht sichtbar, weil er alles Sichtbare ist, und deshalb bleibt er Ungesehen. Er ist nicht hörbar, weil er alles Hörbare ist, und deshalb bleibt er unaussprechlich. Er kann nicht erkannt werden, weil er alle Erkenntnis ist, und deshalb bleibt er das Große Geheimnis.“

 

Weiter schreibt Ken Wilber [46]:

 

„Wie immer der Omegapunkt beschaffen sein mag, eines ist absolut, endgültig und unzweifelhaft gewiss: er existiert. Und das allein stützt die These, die eines Tages … eine unbestreitbare Wahrheit sein wird: Um zum Göttlichen zurückzukehren, regrediert man nicht zur Kindheit. Mystik ist keine Regression im Dienste des Ich, sondern Evolution, die zur Transzendenz des Ich führt.“

 

Ken Wilber unterscheidet hier zwischen einer subjektiven Seite [47]:

 

„Der Mensch hält sich selbst für unsterblich, all-umfassend, zentral im Kosmos und allbedeutsam. Das heißt, dass der Mensch Atman durch sein Ich ersetzt. An die Stelle der Suche nach der wahren und zeitlosen Ganzheit setzt er den Wunsch, ewig zu leben; an die Stelle der Einheit mit dem Kosmos setzt er den Wunsch, den Kosmos zu besitzen; statt sich mit Gott zu vereinigen, versucht er, Gott zu spielen“.

 

und einer objektiven Seite [48]:

 

„Der Mensch kann die Scharade, stabil, beständig, dauerhaft und unsterblich zu sein, nicht völlig überzeugend spielen. … Sobald das separate Individuum zu existieren beginnt, wird die neblige Atmosphäre des Todes zu seinem ständigen Gefährten. Keine Kompensation, kein Abwehrmechanismus und keine Verdrängung können je ausreichen, um diese Hintergrundangst völlig zu überdecken. Das heißt, nichts, das man innerlich tun kann, vermag die Schreckensvision letztlich zurückzudrängen….

 

Ein Mensch schafft sich eine ganze Heerschar von äußeren oder objektbezogenen Bedürfnissen, Begierden, Eigenschaften, Besitztümern, Gütern und Materialien oder hält sich daran fest. Er strebt nach Reichtum, Ruhm, Macht und Wissen, die er allesamt für unendlich wertvoll oder für unendlich wünschenswert hält. Doch weil alle Männer und Frauen im Grunde Unendlichkeit suchen, sind all diese äußeren, endlichen Objekte bloße Ersatzbefriedigungen. Sie sind Ersatzobjekte, so wie der einzelne Mensch ein Ersatzsubjekt ist.“ 

 

 

Der Mahayana-Buddhismus beschreibt in seinem Herz-Sutra ebenfalls diesen transpersonalen Zustand. Hier ein Auszug [49]:

 

„Form – Leerheit; Leerheit – Form. Form ist nicht getrennt von Leerheit; Leerheit ist nicht getrennt von Form. (Was Form hat, das hat Leerheit; was Leerheit hat, das hat Form). Gleiches gilt für Fühlen, Unterscheiden, beeinflussende Variablen, Arten von Bewusstsein – Leerheit. So, Shariputra, verhält es sich mit allen Phänomenen – Leerheit: keine definierenden Merkmale, kein Entstehen, kein Aufhören, kein Beflecktsein, kein Getrenntsein von Befleckung, kein Ungenügendsein, kein Zusätzlichsein.

Shariputra, weil es sich so verhält gibt es in der Leerheit, keine Form, keine Gefühl, keine Unterscheidung, keine beeinflussenden Variablen, keinerlei Arten von Bewusstsein. Kein Auge, kein Ohr, keine Nase, keine Zunge, keinen Körper, keinen Geist. Keinen Anblick, keinen Klang, keinen Geruch, keinen Geschmack, keine körperliche Berührung, keine Phänomene. Keine kognitive Quelle, die ein Auge ist, bis hin zu keiner kognitiven Quelle, die ein Geist ist, (keine kognitive Quelle, die Phänomene ist), keine kognitive Quelle, die ein geistiges Bewusstsein ist. Keine Unwissenheit, kein Beseitigen der Unwissenheit, bis hin zu: kein Altern und kein Tod. Gleichermaßen gibt es kein Leiden, keine Ursache, keine Beendigung, keinen Pfadgeist. Kein tiefes Gewahrsein, keine Errungenschaft, keine Nicht-Errungenschaft.“

 

Die Interpretation dieses Zustands erfolgt allerdings bei vielen anderen Religionen als einem individuellen Selbst, als einer unzerstörbaren, ewigen Essenz des Geistes (mit Atman oder Seele bezeichnet), während dagegen die Lehren Buddhas davon ausgehen, dass ein solcher unzerstörbarer, ewiger Kern der Persönlichkeit nicht existiert (Anatta). Die Subjekthaftigkeit des Menschen sei daher letztendlich eine Täuschung [50].

 

Die Erkenntnis im Buddhismus zur Selbsttäuschung des eigenen Ich mit seinem tief durchdringenden Ich-Gefühl wurde vom tibetischen Meditationsmeister und Tulku Chögyam Trunpga angepasst auf das Verständnis des westlichen Kulturkreises in Vorlesungen im Naropa-Institut in  den 1970er und 80er Jahren erläutert [51]. Anbei einige kurze Auszüge aus den Vorlesungen von Chögyam Trungpa, in denen gezeigt wird, wie das scheinbare Ich entsteht und funktioniert. Zunächst zur Geburt des Ego [52]:

 

„Am Anfang gibt es keinerlei Begriff von einem Ego, aber einen Begriff von Intelligenz. Diese besagte Intelligenz beginnt andere(s) anzuschauen, die Umgebung. Dadurch beginnt man sich eines ‚Anderen’ bewusst zu werden. Weil andere existieren, beginnt man zu bemerken, dass man mit ihnen gleichziehen muss. …

 

Sie existieren, deshalb existiere ich, ganz einfach. Und der Grund, weshalb wir wissen, dass Sie existieren, ist der, dass wir nicht die leiseste Ahnung haben! Das Erste ist, dass man selber nicht existiert; deswegen existieren andere zuerst. … Wenn andere existieren, sehen Sie das als Erstes, bevor Sie erkennen, dass Sie da sind. Bevor Sie denken, dass Sie da sind, beginnen Sie das Andere sehr deutlich zu sehen. Und dann, weil da dieses Andere ist, ergeben sich die Möglichkeiten, dieses Andere zu erobern, zu unterwerfen, zu verführen. … Diese drei Möglichkeiten – Gier, Aggression und Ignoranz – beginnen sich also zu entwickeln.“

 

Zur Entwicklung des Ego [53]:

 

„Im Grunde gibt es nur offenen Raum, den Urgrund, was wir wirklich sind. Unser grundlegendster Geisteszustand, vor der Erschaffung des Ego, sieht so aus, dass es eine grundlegende Offenheit gibt, grundlegende Freiheit, ein Gefühl der Weite; und diese Offenheit haben wir jetzt und haben sie immer gehabt. Nehmen wir zum Beispiel unser alltägliches Leben und Denken. Wenn wir ein Objekt sehen, gibt es im ersten Moment ein plötzliches Wahrnehmen, das keinerlei Logik oder Begriffsbildung an sich hat; wir nehmen einfach in dieser offenen Weite das jeweilige Ding wahr. Dann geraten wir in Panik und beeilen uns, ihm etwas hinzuzufügen, entweder indem wir einen Namen dafür aussuchen oder es in eine Schublade zu stecken versuchen, wo wir es lokalisieren und kategorisieren können. Von da an entwickelt sich allmählich alles.

 

Diese Entwicklung nimmt nicht die Form einer kompakten Einheit an. Sie ist vielmehr rein illusionär, ein irriger Glaube an ein ‚Selbst’ oder ‚Ego’. Der verwirrte Geist neigt dazu, sich selbst als ein kompaktes, beständiges Ding anzusehen, aber er ist nur eine Ansammlung von Tendenzen und Ereignissen.“

 

Zum Bewusstsein [54]:

 

„Wenn wir uns einmal mit den Projektionen des Ego auseinandergesetzt und ihre unbeständige und transparente Natur gesehen haben, dann hat das Ego keinen Orientierungspunkt, nichts, auf das es sich beziehen kann. Die Vorstellungen von außen und innen bedingen sich gegenseitig – das Ego begann, und seine Projektionen begannen. Es ist dem Ego gelungen, seine Identität mit Hilfe seiner Projektionen aufrechtzuerhalten. Wenn wir in der Lage sind, die Projektionen als substanzlos zu sehen, wird das Ego dementsprechend transparent. …

 

Der Urgrund ist also die Quelle der Verwirrung als auch die Quelle der Befreiung. …

 

… Plötzlich gefriert etwas und erzeugt Bestürzung darüber, dass wir nicht wissen, wie die Situation zu steuern ist. Und dann übernimmt die Situation die Kontrolle. Statt völlig eins zu sein mit der Projektion, übernimmt die Projektion die Kontrolle. Dann prallt die unerwartete Kraft der Projektion in der Form des eigenen Handelns auf uns zurück, und das erzeugt eine extrem machtvolle und beeindruckende Bestürzung. Diese Bestürzung fungiert als Grundlage des Ego, als die sekundäre Basis-Ebene, die vom uranfänglichen Urgrund bereits getrennt ist.“

 

 

Unabhängig, ob man an ein Selbst und an eine Seele glaubt [55] oder wie im Buddhismus an die Illusion eines Selbst, besteht doch der evolutionäre [56] Drang, die Dinge und damit auch den Geist weiterzuentwickeln. Laut dem Anthropologen Bernhard G. Campbell ist ein Fortschritt in der Evolution des Menschen im Auftreten von neuen homöostatischen Mechanismen zu sehen [57]. Bei der Entwicklung des Hirns fand die Evolution eines stark erweiterten Erinnerungsspeichers zur unbewussten Aufzeichnung von Erfahrung gegenüber anderen Säugern statt sowie auch die Evolution desjenigen Hirnteils, der Voraussagen macht und Probleme lösen kann [58]. Die rasche Zunahme der Hirngröße/Hirnkapazität beim Menschen trat während des späten Paläo-Pleistozän ein, wobei der Zuwachs am auffälligsten bei der Hirnrinde zu sehen ist [59].  Mit der Evolution des Gehirns ging auch die Entwicklung des Bewusstseins einher, wobei sich beim Menschen gegenüber anderen Lebensformen ein erhöhtes Bewusstsein in Form eines Selbstverständnisses entwickelte [60]. Eine Schlussfolgerung, die der Paläontologe George G. Simpson zieht, besagt, dass der Mensch nicht das Geschöpf unkontrollierbarer und unbestimmbarer Kräfte sei, sondern dass er sein eigener Herr und Meister sei und somit über seine Bestimmung entscheiden kann und sie lenken kann [61].

  

Den Teil, den es hier zu betrachten gilt und der einer laut George G. Simpson einer eigenen Bestimmung unterliegt, ist der Geist, von Ken Wilber auch Noosphäre [62] genannt.  Als Basis einer evolutionären Entwicklung für die Physiosphäre (Materie), Biosphäre (Leben) und die Noosphäre (Geist) definiert Ken Wilber eine umfassende hierarchische Betrachtungsweise, in der alles mit allem verbunden ist im Sinne eines „Gewebes des Lebens“ [63]. In dieser Hierarchie, die er mit dem Begriff von Arthur Köstler geprägten Begriff Holarchie gleichsetzt [64], übernimmt er den Begriff des Holons als etwas, was in einem Zusammenhang ein Ganzes und in einem Anderen zugleich ein Teil ist [65], mit dem er die Struktur dieser Welt im Hinblick auf Körperliches, Lebendiges und Geistiges in einem umfassenden Regelwerk (20 Grundaussagen) [66] definiert und dabei vermeidet, in die bei vielen anderen Philosophien und Religionen dogmatisch vertretenden Ansichten eines Atomismus [67] oder umgekehrt eines Holismus [68] zu verfallen.

 

Hiermit entsteht ein systematisches und umfassendes Konzept der Evolution, das allerdings ganz im Gegensatz zu den Aussagen des Mittleren Wegs [69] (Madhyamaka) des Nagarjuna steht, welches auch Extreme wie Atomismus,  Schöpfer, Unendlichkeit und Nihilismus ausschließt, aber auch gleichzeitig alle anderen Aussagen nur als relativ oder scheinbar oder Illusion zulässt. Das Konzept Ken Wilbers lässt es zu, den evolutionären Weg aus einer relativen Sicht zu beschreiben und Aussagen auf einer relativen Ebene über den Entwicklungsprozess des Geistes [70] bezogen auf die Entwicklung eines Einzelwesens und der Menschheit insgesamt sowie über den Entwicklungsprozess der Menschwerdung inklusive der soziologischen Sicht zu machen [71]. Die einzelnen Stufen aus Sicht der Gesellschaft aber auch aus Sicht des Einzelnen beschreibt Ken Wilber durch Holons [72], wobei in beiden Sichten zu jeweils einem Zeitpunkt unterschiedliche Schichten sichtbar werden (z.B. „mythisch rationales Bewusstsein“ - formal operationale Kognition – bei Stämmen [73] aber auch Anhängern einer wörtlichen Auslegung der Bibel und gleichzeitig das „rationale Bewusstsein“, das sich in modernen Staaten und auch bei Einzelpersonen mit einem demokratischen Selbstverständnis findet). 

 

Ein Ziel im Sinne der von George B. Simpson genannten Selbstbestimmung (siehe oben) besteht also darin, sowohl die geistige Entwicklung des Einzelnen als auch der Gesellschaft zu verfolgen und zu fördern. Bezogen auf die obige Grafik (Abb. 1) bedeutet das, einen Entwicklungsprozess anzustoßen und durchzuführen, der transpersonal genannt werden kann. Ken Wilber sieht hier den Schritt ausgehend von der Noosphäre in eine Theosphäre mit transpersonalen Regionen des nicht mehr allein Selbstbewussten, sondern auch des Überbewussten [74]. Die Begriffe „religiös“ bzw. „spirituell“ erhalten in den transpersonalen Regionen eine andere Bedeutung gegenüber ihrer Verwendung aus Sicht der Stufen des Archaischen, Magischen und Mythischen, wo das Religiöse in herkömmlicher Form verstanden wird, gegenüber der transpersonalen Sichtweise der großen Yogis, Heiligen und Weisen dieser Welt, die ein ganz anderes Verständnis zur Mystik und Religiosität haben [75].

 

Kirpal Singh sieht dieses Kommunikations- und Verständnisproblem zwischen den großen Yogis, Heiligen und Weisen mit dem Rest der Menschen, die noch nicht eine transpersonale Stufe erreicht haben, ganz ähnlich. Er stellt fest, dass der Kern der meisten Religionen auf eine Absolute Wahrheit frei von Dogmen hinweist [76].  Die Kommunikationsprobleme entstehen durch diejenigen, die die Aussagen der Meister versuchen in Schriften für die Nachwelt niederzulegen, wobei das ursprüngliche Verständnis zu diesen Schriften aufgeweicht wird durch die Einbeziehung von Dogmen und Bekenntnissen der Nachfolgenden, die die ursprünglichen Aussagen der Meister (z.B. Jesus Christus) zu einer herkömmlichen Religion mit ihren bekannten Widersprüchen und Fehldeutungen werden lassen [77]. 

 

Jeder mag sich selbst sein Urteil über diejenigen Dinge, die das Unbeschreibbare betreffen, bilden. Entscheidend hierbei ist, dass das Geglaubte auch wirkt und das Transpersonale erreicht wird. Dies gilt unabhängig von dem Weg, den man einschlägt. Es gilt auch für die Schule des Buddhismus mit der Auslegung des Mittleren Wegs (Madhyamaka), ebenso für die herkömmlichen Religionen oder sogar für die Esoterik der Moderne [78]. Die Karmeliter Theresa von Avila und Johannes vom Kreuz haben gezeigt [79], wie das auch bei einem herkömmlichen Gottesbegriff geschehen kann und weisen das mit ihren Beschreibungen der Einung mit Gott durch Inneres Gebet und Kontemplation vortrefflich nach. Ebenso wie beispielsweise im Islam bei den Sufisten oder im Hinduismus [80].

5.     Weltmodelle

 

In den großen christlichen Religionen hat sich bis heute ein unzureichender Gottesbegriff erhalten, der den Ansprüchen an die heutige Kultur und den Weisheitserkenntnissen nicht gerecht wird. Mit dem (scheinbaren) Nachweis von Immanuel Kant von der Unmöglichkeit, Gott nachzuweisen [81], wurde erneut die Axt an das religiöse Weltbild der Kirche angelegt. Das aus heutiger Sicht unzureichende Gottesbild, das gut und böse (Gott und Teufel) nicht zu transzendieren vermag, findet vor dem Bildungsstand in Europa immer weniger Rückhalt, was sich in vielen Kirchenaustritten niederschlägt.

 

Bedingt durch eine zunehmende Verbreitung buddhistischer Strömungen in westlichen Kulturkreisen sind auch neuartige Interpretationen von Weltbildern/Weltmodellen entstanden, die zu den schon in Kapitel 9 aus Teil I Genannten und zu den Weltbildern der herkömmlichen Religionen hinzukommen. Es ergibt sich geradezu eine Inflation von Weltbildern/Weltmodellen.

 

Die schon bisher vorgenommenen Beschreibungen und Interpretationen zur Wirklichkeit der Natur sowie auch die weiter Folgenden  können gemäß Nagarjuna und seiner Philosophie des Mittleren Wegs (Madhyamaka) jedoch nur einen relativen Aspekt aufzeigen, ohne aber die Wirklichkeit getreu wiederzugeben. Da die meisten Menschen sich auf einer Stufe befinden, die das intellektuelle Denken als vorherrschende Fähigkeit ansehen, besteht hier der Bedarf, aus verschiedenen Blickwinkeln die Wirklichkeit oder auch die Wahrnehmung verbal wiederzugeben, auch wenn das Ergebnis nur Teilaspekte berühren kann und die Beschreibung immer nur eine äußere Sicht wiedergeben kann.

 

Daniel M. Ingram hat ausgehend von einer transpersonalen Sicht, d.h. genauer von einem Erleuchtungsstandpunkt aus, mehrere unterschiedliche Blickwinkel in Form von möglichen Modellen bzw. Modellgruppen aufgeführt, von denen einige hier kurz angedeutet werden [82]: 

 

1.      Nicht-Dualitäts Modelle

Die Existenz eines unabhängigen getrennten Beobachters, Handelnden, Fühlenden, Wahrnehmenden besteht nicht

2.      Grundsätzliche Wahrnehmungsmodelle

Modelle, die auf direkter transpersonaler Wahrnehmung aufbauen, z.B. kein eigenes Selbst, Unbeständigkeit, Leiden, Leuchten

3.      Spezielle Wahrnehmungsmodelle

Sehr hohe Wahrnehmungsgeschwindigkeit auf Basis einer weitgehend ununterbrochenen und wachsenden panoramaartigen Achtsamkeit oder Konzentrationsfähigkeit

4.      Emotionale Modelle

Beseitigung begrenzender emotionaler Einflüsse wie Verlangen, Missgunst, Hass, Verwirrung, Täuschung

5.      Aktionsmodelle

Rechtes Handeln zum richtigen Zeitpunkt [83]

6.      Übernatürliche psychische Fähigkeiten

Erlangen von Fähigkeiten wie Hellsicht, Gedankenlesen, Geistheilung, usw. [84]

7.      Energetische Modelle

Grundlage ist ein Energiefluss auf Basis von Chi/Qi/Prana/Lungta in Verbindung mit Chakras und Auren [85]

8.      Weisheitsmodelle

Philosophien, die verbal die Natur des Seins beschreiben (z.B. Sutren [86], Cittamatra [87], Madhyamaka, Bibel, Koran,…)

9.      Psychologische Modelle

Vorgehensweise zur Heilung der Psyche (z.B. Psychoanalyse insbesondere aber Modelle aus der Transpersonalen Psychologie [88])

10.  Modelle zur Beeinflussung eigener Gedanken

Unterbrechung des herkömmlichen Gedankenflusses

11.  Gott-Modelle

Erfahrung eines Gottesbewusstseins oder Verschmelzung/Einung mit Gott [89]

12.  Ausstrahlungsmodelle

Besondere persönliche Ausstrahlung  (z.B. Charisma oder Weisheit)

13.  Karma Modelle

Befreiung vom Prinzip von Ursache und Wirkung

14.  Andauernde Seligkeit

Dauerhafter Erleuchtungszustand frei von Leiden

15.  Unsterblichkeitsmodelle

Unsterblichkeit des Geistes, dauerhaftes Leben in einem transpersonalen Zustand (z.B. Reines Land, als Engel, als Bodhisattva)

16.  Vereinigungsmodelle

Auflösung der Grenzen des Ich und Vereinigung mit dem Äußeren zu einem einzigen Ganzen

 

Welche dieser Modelle oder auch andere Formen der Wahrnehmung sich bei Erleuchtungsereignissen offenbaren oder von einem selbst interpretiert werden, wird man erst erfahren, wenn es passiert. Solange keine transpersonalen Zustände erreicht wurden, wird man in gewohnter intellektueller Form über diese Modelle spekulieren oder sie auch als unsinnig verwerfen.

 

Aber alle diese Modelle wie auch die Interpretationen der Quantenphysik oder das Modell des Cittamatra weisen Begrenzungen oder Unzulänglichkeiten auf oder enthalten Widersprüche, die durch die Philosophie des Madhyamaka aufgezeigt werden können. Es handelt sich eben um Modelle, die die Natur der Wirklichkeit nur andeuten können und die auf gemachten Erfahrungen transpersonaler Zustände beruhen, die im Nachhinein unter kulturellen und religiösen Aspekten interpretiert werden.

 

Das Shurangama-Sutra sagt hierzu Folgendes aus [90]:

 

„Die Natur der Erleuchteten Intuition ist vollkommen klar durchsichtig und angemessen, und diese Erleuchtete Intuition vollkommener Anpassung ist tief und unbegreiflich geheimnisvoll.

 

Sobald diese ursprüngliche, vollkommen klare und allumfassende Erleuchtende Intuition auf Objekte reflektiert wird, so erhält sie das Aussehen einer Illusion und verliert ihre wahre Natur. Da nun Unterschiede manifestiert werden, erscheint der Raum als phantastisch, und mit Hilfe des Raumes treten ganze Universa in Erscheinung. Willkürliche Begriffe scheinen die Existenz der Universa zu bestätigen, und zum Schluss wird von den Universa das, was wahrnehmbar und empfindbar, als lebendes Wesen mit Ich-Persönlichkeit angesehen. …“

 

Ein besonderes und außergewöhnliches Modell, das die Entwicklung des Geistes und die Evolution als geistige Landkarte wiedergibt, besteht im Integralen Ansatz Ken Wilbers. Dieses Model ist derart umfassend und zukunftsweisend und integriert auch die herkömmlichen Weisheitstraditionen, das hierauf separat im 3. Teil eingegangen wird.

 

6.     Das Nicht-Duale

 

An mehreren Stellen in Teil I und auch hier wurden schon einige Zitate angeführt, die einen Hinweis auf das Letztendliche geben. Eine tiefgehende Beschreibung des Nicht-Dualen liefert Ken Wilber bei seiner Antwort zum Zen-Koan „was ist der Ton des Klatschens einer Hand?“[91]:

 

„Im nichtdualen Zustand gibt es plötzlich keine zwei Hände mehr. Plötzlich sind Subjekt und Objekt eine Hand. Plötzlich gibt es nichts mehr außerhalb von einem selbst, das aufprallen, verletzen, quälen könnte. Plötzlich hat man keine Erfahrung mehr, man ist jede entstehende Erfahrung, weshalb man spontan in den ganzen Raum entlassen wird: Man selbst und der ganze Kósmos sind eine Hand, eine Erfahrung, eine Darbietung, eine Geste großer Vollkommenheit. Es gibt nichts mehr außerhalb von einem, das man wollen, begehren, suchen oder ergreifen könnte – die Seele dehnt sich zu den Grenzen des Universums aus und umfasst alles mit unendlicher Wonne. Man ist zum Äußersten gesättigt, so erfüllt und gesättigt, dass die Grenzen zum Kósmos zerstieben und man sich ohne Zeitpunkt und Weile, ohne Zeit und Ort in einem Ozean unendlicher Zuwendung wiederfindet. Man wird in das All befreit, und als das All ist man der selbst erblickende strahlende Kósmos, ist man das Universum des einen Geschmacks, und der Geschmack ist unendlich.

 

Was ist also das Geräusch des Klatschens einer Hand? Was ist der Geschmack dieses einen Geschmacks? Wenn es nichts von außerhalb von einem selbst gibt, das einen treffen, verletzen, ziehen, schieben kann – was ist das Geräusch dieser einen klatschenden Hand?

 

Sehen Sie das Sonnenlicht auf den Bergen? Spüren Sie den kühlen Windhauch? Was ist nicht in höchstem Maße offensichtlich, wer ist nicht schon erleuchtet? Wie ein Zen-Meister sagte: ‚Als ich das Geräusch der läutenden Glocke hörte, gab es kein Ich und keine Glocke mehr, nur noch das Läuten.’ Im unmittelbaren Erfahren gibt es keine Zweiheit mehr! Kein Innen und kein Außen, kein Subjekt und kein Objekt – nur die unmittelbare Erfahrung selbst, das Geräusch des Klatschens einer Hand.

 

Du bist also nicht hier drinnen, nicht auf dieser Seite des durchsichtigen Fensters und blickst auf den Kósmos dort draußen. Das durchsichtige Fenster ist zersplittert, der Körpergeist fällt weg, du bist auf immer von dieser Beschränkung frei, du bist nicht mehr ‚hinter deinem Antlitz’ und schaust auf den Kósmos – du bist einfach der Kósmos. Du bist all dies. ….“

 

In wenigen Zeilen beschrieb der 3. Karmapa (1284-1339) in seinem 18. Vers die voll erleuchtete Sichtweise und den Weg dorthin[92]:

 

Blickt man auf die Dinge, sind keine Dinge da, man sieht den Geist;

 

blickt man auf den Geist, ist kein Geist da: er ist seinem Wesen nach leer;

 

durch das Betrachten beider löst sich das Festhalten an Zweiheit in sich selbst auf.

 

Mögen wir die Natur des Geistes, das Klare Licht, erkennen!

 

 

 

 

Referenzen und Kommentare

 



[1] Khenpo Tsultrim Gyamtso, Taghelle Weisheit – Erforschung der Wirklichkeit, Anleitung zur nachhaltigen Freude durch die Begegnung mit Nagarjunas „Intelligenz – die Grundlage des mittleren Weges“, Otter-Verlag, 2007, Herausgeber und Übersetzer Christoph Klonk

[2] Ebenda, S. 24

[3] Ebenda, S. 16. Diese Richtung des Madhyamaka, die auch als „Mittlerer Weg“ bezeichnet wird, nennt sich Prasangika-Madhyamaka im Gegensatz zur Tradition des widerlegenden Schlussfolgerns (Svatantrika-Madhyamaka), bei dem die Annahme irgendeines Vorhandenseins im Anschein der Dinge widerlegt wird und das Leersein als eigentliche Wirklichkeit behauptet und bewiesen wird.

[4] Ebenda, S. 158

[5] Ebenda, S. 159. Die vollständige Interpretation des Verses findet man auf den S. 158ff.

[6] Ebenda. In den 27 Kapiteln des Buchs wird durch Widerlegen in der Form einer Prädikatenlogik gezeigt, dass der Anschein aller Dinge nur leerer Schein ist.

[7] Die verschiedenen Ausrichtungen buddhistischer Schulen erläutert Khenpo Tsultrim Gyamtso Rinpoche, At the Meeting of the Consciousness With Its Object, There Is No Real Arising, in  Shenpen Ösel, Volume 3, Number 2, Oktober 1999, S. 58ff sowie Buddha Mind Is Aware of Everything At the Same Time, No Matter How Much, S. 70

[8]  Im Sinne von Atomismus

[9] Die Sutra-Schule ist der Ansicht, dass Namen und Gedanken über Phänomene nicht wirklich existieren, wohl aber die Phänomene selbst real sind. Siehe Khenpo Tsultrim Gyamtso Rinpoche, On the Twenty Emptinesses, A Commentary on Selected Verses from Chandrakirti’s Entrance to the Middle Way in: Shenpen Ösel, Volume 3 Nr. 1, April 1999, 14. EMPTINESS OF DEFINING CHARACTERISTICS, S. 59

[10] Die beiden Schulen machen einen Unterschied bei den verschiedenen nichtkonzeptuellen  Wahrnehmungsarten. Die

- direkte valide Wahrnehmung der Sinne,

- direkte valide Wahrnehmung geistiger Prozesse und

- direkte valide Wahrnehmung als Ergebnis yogischer Meditationen

werden von beiden Schulen gleich gesehen. Die Sutra-Schule sieht außerdem die direkte valide Wahrnehmung des sich selbst erfahrenden Geistes als nichtkonzeptuelle Wahrnehmung an. Ebenda, S. 59 

 

[11] weitere Informationen zu Rangtong und Shentong: http://www.buddhismus-heute.de/archive.issue__12.position__4.de.html

[12] Den umgekehrten Weg ist Khenpo Tsultrim Gyamtso Rinpoche gegangen, der in aller Ausführlichkeit darlegt, wie sich die als Wirklichkeit empfundene Wahrnehmung widerlegen lässt und sich nur als Anschein der Wirklichkeit herausstellt.   

[13] Beispielsweise von Ayya Khema, Ajahn Brahm oder Daniel M. Ingram.

[14] Ayya Khema, Die Kunst des Loslassens, Der Weg der meditativen Vertiefungen, Jhana Verlag, Uttenbühl 2007, Die achte und neunte meditative Vertiefung, S. 193-196

[15] Ajahn Brahm, Im stillen Meer des Glücks, Handbuch der buddhistischen Meditation, Lotos Verlag, 2007, Zweiter Teil, Jhana und über Jhana hinaus, Kapitel 13, Tiefe Einsicht, die befreit, S. 279

[16] Bewusstsein

[17] Teresa von Ávila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke Band 4, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD, Verlag Herder Freiburg im Breisgau 2005, Kap. 2: „Sie fährt mit demselben Thema fort: Sie spricht vom Unterschied zwischen geistlicher Gotteinung und geistlicher Vermählung. Sie erklärt dies mit feinsinnigen Vergleichen, durch die sie zu verstehen gibt, wie hier der kleine Schmetterling, von dem in der fünften Wohnung die Rede war, stirbt“, S. 354f

[18] Ebenda, Einführung, Adressaten, S. 24ff

[19] Ebenda, Einführung, Inneres Beten als Eingangstor, S. 46f

[20] Ebenda, Einführung, Wachsende Gotteinung, S. 52f

[21] Ebenda, Einführung, Teresa und die Inquisition, S. 17-20

[22] Ebenda, Erste Wohnungen, Kapitel 2, „Es handelt davon, wie hässlich eine Seele ist, die in Todsünde lebt, und wie Gott einer gewissen Person etwas davon verständlich machen wollte. Ferner wird etwas über die Selbsterkenntnis gesagt. Das ist nützlich, weil es da einige beachtenswerte Punkte gibt. Es wird gesagt, wie man diese Wohnungen verstehen soll.“, Abschnitt 14, S. 100. Hier werden die Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des Geistes auf dem Weg zu einer höheren Stufe beschrieben und auch ausgedrückt, dass dieser Fortschritt des Geistes nicht nur von Ordensleuten gemacht werden kann:

„Und doch ist es sehr wichtig, um in die Zweiten Wohnungen eintreten zu können, sich zu bemühen, von unnötigen Dingen und Geschäften abzulassen, jeder so, wie es seinem Lebensstand entspricht.“

Hierzu wird vermerkt (a.a.O):

„Der Leser beachte, dass Teresa hier offensichtlich nicht nur Ordensleute im Blick hat, sondern auch an Menschen im Laienstand denkt. Trotz ihrer – offensichtlich auf ihre Zensoren gemünzten – Beteuerung, keineswegs für ein breites Publikum, sondern nur für ihre Schwestern zu schreiben (siehe Einführung Abschnitt 4, S. 75f), ist sie also durchaus der Meinung, dass der von ihr beschriebene geistliche Weg nicht nur für Ordensleute seine Gültigkeit hat. Das ist bemerkenswert in einer Zeit, die dazu neigte, das ohnehin schon einengende Axiom „extra Ecclesiam nulla salus – außerhalb der Kirche kein Heil“ noch mehr einzuengen zum „extra claustrum nulla salus – außerhalb des Klosters kein Heil.“

 

[23] Johannes vom Kreuz, Die dunkle Nacht, Vollständige Neuübersetzung, Sämtliche Werke, Band I, Herausgegeben von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Hense, Elisabeth Peeters OCD, 3. Auflage, Herder Verlag Freiburg, 1995

[24] Ebenda, Einführung, S. 17. Auszug:

„Die Dunkle Nacht spricht zu Menschen, die ein ernsthaftes Interesse am geistlichen Leben gefunden haben, die sich zu lösen beginnen von der gezielten Gier nach Reichtümern, Ehre, Anerkennung um jeden Preis, Genuss …, die verstanden haben oder wenigstens ahnen, dass ehrliche, existentielle Hinkehr zu Gott Leben ist, vertieftes und fruchtbares Dasein für die Mitmenschen bewirken kann und den wirklichen Weg nach vorn bedeutet. Ihnen hält Johannes vom Kreuz in den ersten Kapiteln einen Spiegel vor Augen und lässt sie ihre innere Situation erkennen…

 

Der zweite Teil, der die Erfahrung dieser „dunklen Nacht“ beschreibt und von den Quellen des Glaubens her reflektiert, ist gewiss keine leichte Kost. Verstehen wird der Leser gerade hier in dem Maße, wie er selbst bereits kennt, wovon der Meister spricht.“

 

[25] Zum Auftreten des Dualismus in den meisten Religionen siehe Arno Borst, Die Katharer, 2012, Karolinger Verlag Wien, Kapitel II, Abschnitt 1. „Der Dualismus und seine Tradition“, S, 75-82 

[26] Ebenda, S. 75-157

[27] Ebenda, Kapitel II, Abschnitt 7, „Religiöse Bewegung und katholische Kirche (c. 1170-1215), S. 127f

[28] Param Sant Kirpal Singh, Die Krone des Lebens, Die Yogalehren und der Weg der Meister-Heiligen, VMS Medienverlag, 2003

[29] Ebenda, Teil Zwei, Das Studium des Surat Shabd Yoga, Kapitel Sechs, Die Essenz der Religion, II. Christentum, S. 169-177

[30] Ebenda, S. 175

[31] Ebenda

[32] Ebenda, S. 176

[33] Ebenda, S. 177

[34] Ken Wilber, Integrale Spiritualität, Spirituelle Intelligenz rettet die Welt, 5. Auflage 2014, Kösel-Verlag, München

[35] Ken Wilber, Das Atman Projekt, Der Mensch in transpersonaler Sicht, Junfermann Verlag Paderborn, 2001

[36] Ebenda, Kapitel 7, Die Bereiche des Zentauren, Autonomie, Selbstverwirklichung und Intentionalität, S. 80, Grafik: Höhepunkte des Lebenszyklus:

„Die prä-verbalen Tiefenstrukturen weichen den verbalen Strukturen und diese den Transverbalen. Das Prä-Personale weicht dem Personalen und dieses dem Transpersonalen. Das Prä-Mentale wird zum Mentalen, und dieses zum Trans-Mentalen – und so weiter.“

 

Aus Zusammenfassung: der Zentaur, S. 94:

„Zur Rolle und Natur der existentiellen und zentaurischen Phase in Bezug auf den allgemeinen Zusammenhang des Bewusstseinsspektrums:

Diese Stufe, obgleich sie Zugang zur Sprache, zur Gruppenzugehörigkeits-Kognition, zur Logik des Ich und zum Willen hat, geht überall dies hinaus … in Richtung auf unverfälschte Sinneswahrnehmung und auf ununterbrochenes psycho-physiologisches Fließen, ebenso wie in Richtung auf den höheren Phantasie-Prozess der Intuition und Intentionalität. Diese Stufe steht über Sprache, Logik und Kultur  - und doch ist sie nicht prä-verbal und prä-kulturell, sondern trans-verbal und trans-kulturell.

… Obgleich diese Stufe trans-verbal ist, ist sie doch nicht trans-personal. Das heißt, obgleich sie Sprache, grundlegende Konzepte und das Ich transzendiert, transzendiert sie doch nicht Existenz, personale Orientierung oder waches psycho-physiologisches Bewusstsein (siehe Abbildung). Sie ist die letzte Entwicklungsstufe, die von normalen Formen des Raums und der Zeit beherrscht wird, doch sind diese Formen eben immer noch da.“ 

 

Aus Kapitel 9, Svabhavikakaya – die letzte und höchste Transformation, S. 112f:

„Nach Durchschreiten von Nirvikalpa-Samadhi erwacht BEWUSSTSEIN völlig zu seinem Ursprünglichen Wesen, seiner Soheit (Ta-Thata), die gleichzeitig der Zustand und die Soheit von allem grobstofflichen, feinstofflichen und kausalen Sein sind. Der Zeuge und das Bezeugte sind in Wahrheit ein und dasselbe. Der gesamte Weltenprozess taucht Augenblick für Augenblick als eigenes Sein auf, außerhalb dessen und über dem nichts existiert. Dieses Sein ist gänzlich jenseits und vorrangig gegenüber allem, was erscheint, und doch ist kein Teil dieses Seins etwas anderes als das, was erscheint.“

 

[37] Lama Ole Nydahl, Von Tod und Wiedergeburt, Knaur München, 2014, Der entscheidende Augenblick, Das klare Licht des Wahrheitszustand, S. 128

[38] Siehe Chögyam Trunpga, Das Totenbuch der Tibeter, Diederichs Verlag, München, 19. Auflage, 1998 oder Tulku Thondup, Peaceful Death Joyful Rebirth, Shambhala Publications, Boston, 2005

[39] Lama Anagarika Govinda, Die Dynamik des Geistes, Die psychologische Haltung der frühbuddhistischen Philosophie und ihre systematische Darstellung nach der Tradition des Abhidhamma, Otto Wilhem Barth Verlag, Bern, 1992, 4. Teil Grundprinzipien der buddhistischen Bewusstseinslehre, II. Die Struktur des Bewusstseins, S. 114ff

[40] Daniel M. Ingram, MD, Die Meisterung des Kerns der Lehre Lehre Buddhas, Michael Zeh Verlag, 2006, Teil III Meisterung, 8. Der Fortschritt der Einsicht, S.91-144

[41] Teresa von Ávila, Wohnungen der Inneren Burg

[42] Ebenda, Fünfte Wohnungen, Kapitel 1, Es beginnt, davon zu handeln, wie die Seele im Gebet mit Gott geeint wird, und sagt, woran man erkennt, dass das keine Selbsttäuschung ist, Abschnitt 8, S. 179:

„Davon habe ich überreiche Erfahrung, habe sie aber auch mit so manchen verschreckten Halbstudierten, die mir arg teuer zu stehen kommen.“

 

Mit Kommentar 27 aaO:

„Bereits in ihrer Vida hatte Teresa, die von sich behauptet, sie sei „immer eine Liebhaberin von Studien“ (V 5,3) gewesen, genau zwischen „Beichtvätern mit unzureichenden Studien,“ die ihrer „Seele großen Schaden zugefügt haben,“ und solchen „mit guten Studien“ unterschieden:„Einer mit guten Studien hat mich noch nie in die Irre geführt“ (aaO.).

 

[43] Param Sant Kirpal Singh, Die Krone des Lebens, Teil Zwei, Das Studium des Surat Shabd Yoga, Der Meister, S. 138-155

[44] Wesentliches Element der Meditation des Surat Shabd Yoga ist die Erfahrung des Selbst als Licht und Ton, als Himmlischer Tonstrom, Kirpal Singh schreibt hierzu in Die Krone des Lebens, Teil Zwei, Der Tonstrom, S. 117-120:

 

„Diejenigen, welche diesen Yoga gemeistert haben, lehren, dass das Absolute, sich selbst in die Form projiziert und 2 Attribute annimmt: Licht und Ton. Es ist kein bloßer Zufall, dass in den Offenbarungsschriften aller bedeutenden Religionen häufige Hinweise auf das Wort zu finden sind, das eine Hauptstellung in ihren Lehren innehat. So lesen wir im Evangelium:

 

 Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort

 

In den alten indischen Schriften lesen wir wiederholt von  „Aum“, dem heiligen Wort, das die drei Bereiche ‚bhur’ (das Psychische), ‚bhuva’ (das Astrale) und ‚swah’ (das Kausale) durchdringt. …“

 

Zu OM (oder „aum“) siehe die ausführlichen Erläuterungen bei Lama. A. Govinda, Grundlagen der tibetischen Mystik, Die geheime Lehre des Großen Mantra, 11. Auflage 1999, Scherz Verlag Bern, 1. Teil OM, Der Weg der Allheit, S. 3-47

 

Der von Kirpal Singh genannte Tonstrom wird auch im Buddhismus praktiziert. Das Shurangama-Sutra sagt hierzu aus:

 

„Alle Brüder dieser Versammlung und auch Du, Ananda, solltet eure nach außen gerichtete Hörwahrnehmung umkehren und nach innen dem vollkommen geeinten und tiefinnerlichen Laut eurer eigenen Geistessenz lauschen, denn sobald ihr die vollkommene Anpassung erreicht habt, so habt ihr auch höchste Erleuchtung erlangt.“ (siehe Suhrangama-Sutra (Das große Kronen-Sutra), Herausgegeben und übersetzt von Raoul Muralt, Ankor Verlag Frankfurt, 2007, 2. Kapitel, Manjusris Bericht, S. 131)

 

Im Gegensatz zu den Weisheitstraditionen werden Stimmen im heutigen westlichen Denken und von der Psychiatrie als Halluzinationen oder Begleiterscheinungen anderer psychischer Erkrankungen gesehen. Eine Alternative hierzu sieht der schweizerische Psychiater und ehemalige Chefarzt einer staatlichen psychiatrischen Klink D. Jakob Bösch, Parapsychiatrie, Streifzüge eines Psychiaters zwischen Schulmedizin und Geistheilung, Scorpio Verlag Berlin, 2013, Verrückt oder Heilig? Oder: welche Stimmen stimmen eigentlich? Sowie Stimmen, die hören können, S. 188-208

 

[45] Ebenda, S. 177

[45] Ken Wilber, Das Atman Projekt, Kapitel 16, Evolution höherer Ordnung, Die Evolution der feinstofflichen und kausalen Bereiche, S. 219

[46] Ebenda, Kapitel 17, Schizophrenie und Mystik, S. 231

[47] Ken Wilber, Das Atman Projekt,13. Kapitel Das Atman-Projekt, Die subjektive Seite, S. 152

[48] Ebenda, Die objektive Seite, S. 158f

[49] Zitat übernommen aus dem Berzin-Archiv von Alexander Berzin

[50] Siehe hierzu Kritik der Atman-Lehre im Buddhismus bei: http://de.wikipedia.org/wiki/Atman 

[51] Chögyam Trungpa, Achtsamkeit, Meditation und Psychotherapie, Einführung in die buddhistische Psychologie, Arbor Verlag Freiamt im Schwarzwald, 2. Auflage 2007, Einleitung von Carolyn Rose Gimian, 2005. S. 28

[52] Ebenda, Teil II, Kapitel 8, Die Geburt des Ego, S. 116

[53] Ebenda, Kapitel 90, Die Entwicklung des Ego, S. 123

[54] Ebenda, Kapitel 10, Der Urgrund und die acht Arten des Bewusstseins, S. 133ff

[55] Zum Glauben schreibt der Philosoph Günter Schulte in Philosophie der letzten Dinge, Liebe und Tod als Grund und Abgrund des Denkens, Diederichs Verlag München, 2007: „Der Glaube bezieht seine Substanz aus der Abwesenheit der Sache. Seine Sicherheit ist absolut. Sie bedeutet paranoische Ausschließung der verunsichernden Vernunft durch diese selbst.“. Schulte zitiert auch Clément Rosset, Das Prinzip der Grausamkeit, Berlin Merve 1994: „Der Glaube, definiert als reiner Bindungsakt, unabhängig davon, woran er bindet, ist klinisch betrachtet eindeutig ein Symptom: denn er rekuriert nicht darauf, was seinen Inhalt ausmacht, sondern bezeichnet immer etwas anderes. Das, woran er glauben macht, ist nichts, der Glaubensakt ist alles.“

[56] Zum Thema Evolution folgendes Zitat: J. Zrzavý, D. Storch, S. Mihulka, Evolution, Ein Lese-Lehrbuch, Spektrum Verlag Heidelberg, 2009, 1.1 Einleitung Geschichte, Evolution und Evolutionsgeschichten, Wissenschaft und Glaube, S. 3: „Ein Grundpfeiler des Glauben besteht in dem Verbot, an den zu glaubenden Dingen zu zweifeln; indirekt wird damit auch deren Erforschung untersagt. Glaube formuliert keine Hypothesen oder Theorien, die man verifizieren und, insbesondere falsifizieren könnte. Er beruht auf Dogmen, worunter wir Behauptungen verstehen, an denen nicht gezweifelt werden darf. Oft wird behauptet, die Evolutionstheorie sei unwissenschaftlich, weil man sie nicht bestätigen kann. Im Prinzip lässt sich jedoch keine Theorie endgültig beweisen. Der Unterschied zwischen einer wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Theorie beruht nicht in der Beweisbarkeit, sondern in ihrer Widerlegbarkeit. Wenn jemand behauptet, dass der Mensch von Gott erschaffen wurde, kann das eine Wahrheit sein, doch lässt sich diese Theorie nicht widerlegen. … Dagegen ergeben sich aus der Evolutionstheorie viele Erkenntnisse, die sich empirisch überprüfen lassen. … Bislang sprechen alle Befunde für die Evolutionstheorie und gegen die Existenz eines Schöpfers.“. Weiter in Kapitel 7.1 Fortschritt, Evolution und (menschliche) Geschichte, S. 432: „Die Evolution hat kein Ziel und ist nur die Lösung momentaner Probleme.“

 

[57] B.G. Campbell, Entwicklung zum Menschen, Seine physischen wie seine Verhaltensanpassungen, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, 2. Auflage 1979, 1. Evolution und Umwelt, 1.10 Organismus und Evolution, Eine Zusammenfassung, S.39

[58] Ebenda, 2. Fortschritt in der Homöostase, 2.6 Verhaltensdeterminanten, S. 59

[59] Ebenda, 8. Die Evolution des Kopfes, 8.7 Das Gehirn als Determinante der Schädelform, S. 301

[60] Ebenda, 11. Die Abstammung des Menschen, 11.10 Das Traumtier, S. 444

[61] George G. Simpson, Leben der Vorzeit, Enke Verlag Stuttgart, 1972, 11. Fossilien und Menschheit, S. 152

[62] Ken Wilber, Kosmos, Eros, Logos, Eine Jahrtausend-Vision, Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt, 2001, 1. Buch, 1. Das Gewebe des Lebens, S. 24

[63] Ebenda, Die moderne evolutionäre Synthese, S. 32f sowie Verpönte Hierarchie, S. 33-36

[64] Ebenda, Holons, S. 41

[65] Ebenda, Holons, S. 37

[66] Ebenda, 2. Das verbindende Muster, S. 54-109: Grundaussagen:

1.       Die Wirklichkeit insgesamt ist nicht aus Dingen oder Prozessen zusammengesetzt, sondern aus Holons

2.       An Holons sind 4 Grundvermögen zu erkennen: Selbsterhaltung, Selbstanpassung, Selbsttranszendenz und Selbstauflösung

3.       Holons emergieren

4.       Holons emergieren holarchisch

5.       Jedes emergierende Holon transzendiert und inkorporiert seine(n) Vorläufer

6.       Das Niedere setzt die Möglichkeiten des Höheren, das Höhere setzt die Wahrscheinlichkeiten des Niederen

7.       Die Anzahl der Ebenen einer Holarchie bestimmt, ob sie ‚seicht’ oder ‚tief’ ist; die Anzahl der Holons einer Ebene werden wir als ihre ‚Spanne’ bezeichnen

8.       Jede weitere Stufe der Evolution erzeugt größere Tiefe und geringere Spanne

9.       Zerstöre irgendeine Holon-Art, und du vernichtest damit alle höheren Holons, aber kein Niedrigeres

10.    Holons koevolvieren

11.    Mikro und Makro stehen auf allen Ebenen in Beziehung und Austausch miteinander

12.    Evolution hat Richtung

a.       Zunehmende Komplexität

b.       Zunehmende Differenzierung/Integration

c.        Zunehmende Organisation/Strukturierung

d.       Zunehmende relative Autonomie

e.        Zunehmendes Telos

[67] Ebenda, Zwanzig Grundaussagen, S. 57: „alle Dinge sind im Grunde vereinzelte, individuelle Ganze, die nur zufällig in Wechselwirkung miteinander stehen“

[68] Ebenda, „alle Dinge sind nur Stränge oder Teile eines größeren Gewebes oder Ganzen“

[69] Khenpo Tsultrim Gyamtso, Taghelle Weisheit, Anhang III, Die zwanzig Arten des Leerseins aus Chandrakirtis ‚Einführung in den Mittleren Weg’ :

1.       Leersein des Inneren

2.       Leersein des Äußeren (Quellen der Wahrnehmung)

3.       Leersein des Innen und Außen (Sinneskontakte)

4.       Leersein des Leerseins

5.       Leersein des Großen

6.       Leersein des Eigentlichen

7.       Leesein, was Gebilde ist

8.       Leersein dessen, was Nicht-Gebilde ist

9.       Leersein dessen, was jenseits von Begrenztheit liegt

10.    Leersein dessen, was ohne Anfang und Ende ist

11.    Leersein dessen, was keinesfalls aufzugeben ist

12.    Leersein von (eigenständiger) Grundnatur

13.    Leersein aller Dinge

14.    Leersein der Eigenschaften

15.    Leersein des Nicht-Fassbaren

16.    Leersein des Wirkungslosen/des Eigentlichen

17.    Leersein des Wirksamen

18.    Leersein des Wirkungslosen

19.    Leersein  von Grundnatur

20.    Leersein des ‚anderen Seins’ (von Wahrer Wirklichkeit)

 

[70] Siehe oben stehende Grafik

[71] Ken Wilber, Kosmos, Eros, Logos, 1. Buch, 5. Das Emergieren der menschlichen Natur, S. 197-257

[72] Ebenda

[73] Ein außergewöhnliches Beispiel eines Stammes, der sich auf der mythisch-rationalen Entwicklungsstufe befindet, beschreibt Daniel Everett, Das glücklichste Volk, Sieben Jahre bei den Piraha-Indianern am Amazonas, Deutsche Verlags-Anstalt München, 1. Auflage 2010

[74] Ken Wilber, Kosmos, Eros, Logos, 1. Buch, 7. Wie weit reicht die menschliche Natur?, S. 328

[75] Ebenda, Allerdings schränkt Ken Wilber diese Aussage in seinem späteren Werk „Integrale Spiritualität“ insofern wieder ein, als dort die kulturelle Entwicklungsebene zur Zeit der Heiligen ebenso berücksichtigt wird, wodurch es zu unterschiedlichen Tiefen von Erleuchtungen, die in der damaligen mystischen Zeit bedeutend niedriger lagen, gegenüber heute kommt,. (Siehe dort Kapitel 4 Zustände und Stufen, S. 123-148)

[76] Param Sant Kirpal Singh, Die Krone des Lebens, Teil Zwei, Kapitel 6, Die Essenz der Religion, S.156f

[77] Ebenda sowie S. 165. Kirpal Singh sieht als vereinigendes Gegenmodell zu den herkömmlichen Religionen die Verbindung der Essenz der Religionen in einer einzigen Religion mit den Lehren des Surat Shabd Yoga, S. 202. Er führt diverse Beispiele der Fehlinterpretation der alten Schriften der herkömmlichen Religionen an (S. 157-195), die heute nur aus der relativen Sicht eines herkömmlichen Verständnisses gesehen werden, während dagegen die absolute Sicht auf die Aussagen unterbleibt bzw. nicht mehr verstanden wird. Das Verständnis hierzu kann von Personen, die eine transpersonale Stufe erreicht haben gesehen werden, wobei die Weitervermittlung an diejenigen, die diese Stufen noch nicht erreicht haben nur beschränkt möglich ist. Anbei auch ein beispielhafter Auszug im Hinblick auf eine Aussage aus der Bibel (S. 176f):

 

„Jesus selbst sagte in unzweideutigen Worten:

 

Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolget, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. (Joh. 8,12)

 

Wenn einer von Sich Selbst als dem ‚Licht des Lebens’ spricht, kann das nicht das ein Hinweis auf das Licht der Sonne sein, selbst wenn sie in der physischen Welt eine Quelle lebensspendender Kraft ist.

 

In Matthäus 13,14 fährt Jesus fort, die Sachlage zu klären, und warnt vor der buchstäblichen Auslegung Seiner Worte, wenn Er zwischen ‚hören’ und ‚verstehen’ unterscheidet und zwischen ‚sehen’ und ‚wahrnehmen’. Es sind nur die erwachten Seelen, die Meister der Wahrheit, Die in lebendiger Verbindung mit der Wirklichkeit sind, welche den Schlüssel zum Reich Gottes in Händen haben und einen Menschen, der völlig im Sinnesleben verloren ist, emporziehen und für das große Erbe allen Lebens und allen Lichts wiederentdecken können.

 

Denn es heißt:

 

Alsdann werden der Blinden Augen aufgetan und der Tauben Ohren geöffnet; alsdann werden die Lahmen springen wie ein Hirsch, und der Stummen Zunge wird Lob sagen. Denn es werden Wasser in der Wüste hin und her fließen und Ströme im dürren Land. (Jesaja 35, 5-6)

 

Wie wenige von uns verstehen und würdigen die innere Bedeutung der Worte Jesu. Wir begnügen uns allein mit der ethischen Seite Seiner Lehren, die natürlich eine notwendige Ergänzung der spirituellen Seite war. Die ethischen Grundsätze sind weit verbreitet und wurden sogar sehr lebendig erhalten, denn sie weisen seit Moses einen großen Fortschritt in der moralischen Skala der menschlichen Werte auf.

 

Aus ihnen erklären sich jedoch nicht Aussagen wie jene über

 

Das jüngste Gericht

 

oder

 

Tut Buße, das Himmelreich ist nahe.

 

oder

 

Gott ist Geist und die, welche ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.

 

Wenn solche Aussprüche im buchstäblichen Sinne genommen werden, verlieren sie ihre Bedeutung.

 

Der ‚Tag des Gerichts’ ist nicht gekommen, obwohl sein Nahen prophezeit war; so hat entweder Jesus in Unwissenheit gesprochen, oder wir haben die wirkliche Bedeutung von dem, was Er meinte, nicht erfasst. Es steht immer eine innere Bedeutung hinter dem, was Er sagte; eine Bedeutung, die jenen klar ist, welche dieselben mystischen Erfahrungen gemacht haben, die aber solche verwirrt, die den Versuch machen, diese Dinge in Begriffen des Verstandes oder gar der Intuition zu erklären.

 

Ohne die direkte innere Wahrnehmung (die nicht mit philosophischen Spekulationen oder intuitiver Einsicht zu verwechseln ist)  zu haben, versuchen wir die Bedeutung der Lehren auszulegen, die uns in Begriffen unserer eigenen begrenzten Erfahrung überliefert wurden. Was bildlich gedacht war, nehmen wir buchstäblich, und die übersinnlichen Beschreibungen würdigen wir zu bloßen Bildern herab.

 

Wir vergessen einfach, dass Jesus, wenn Er sagte, Er sei ‚das Licht der Welt’, ‚der Sohn Gottes’ und Einer, Der Seine Jünger sogar bis ‚an das Ende der Welt’ weder verlassen noch versäumen werde, nicht in seiner sterblichen Eigenschaft sprach, sondern als Einer, Der mit dem Wort verschmolzen und Eins mit ihm geworden war.“

 

[78] Ebenda S. 194f

[79] Teresa von Ávila, Wohnungen der Inneren Burg sowie Johannes von Kreuz, Die dunkle Nacht

[80] Param Sant Kirpal Singh, Die Krone des Lebens, Teil Zwei, Kapitel 6, Die Essenz der Religion, Hinduismus, S. 157-162, Islam, S.178-183

[81] Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft, Reclam Stuttgart, 1966, I. Transzendentale Elementarlehre, Drittes Hauptstück. Das Ideal der reinen Vernunft, 4. Abschnitt. Von der Unmöglichkeit eines ontologischen Beweises vom Dasein Gottes sowie 5. Abschnitt, Von der Unmöglichkeit eines kosmologischen Beweises vom Dasein Gottes, S. 628-647

[82] Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen Modelle sowie eine umfangreichere Auflistung der Modelle sind enthalten in: Arahat Daniel M. Ingram, MD, Die Kernlehren des Buddhas meistern, Ein Handbuch für die intensive und anspruchsvolle Meditationspraxis, First Aeon Publications Edition, 2008, By Daniel M. Ingram, www.interactivebuddha.com, S. 175-225

[83] Hiermit ist die Handlungsweise gemeint, die sich ergibt, wenn keine Gedankenreflektionen im Sinne des 2. und 3. Nen erfolgen, sondern nur der 1. Nen aktiv ist. Siehe Teil I

[84] Siehe hierzu auch Bhadantácariya Buddhaghosa, Vissuddhimagga, The Path of Purification, The Classic Manual of Buddhist Doctrine and Meditation, Translated from the Pali by Bikkhu Nanamoli,Buddhist Publication Society, Kandy, Sri Lanka, Fourth edition: 2010, Ch. XII, The Supernormal Powers, S. 369-430

[85] Zu Chakras und Auren siehe auch Barbara Ann Brennan, Licht-Arbeit, Heilen mit Energiefeldern, Goldmann-Verlag, 23. Auflage 1989

[86] Es gibt viele Sutren, die eine weitreichende Beschreibung zur Natur der Wirklichkeit beschreiben. Als Beispiel sei hier das Lankavatara Sutra genannt, auf dem die Philosophie der Nur-Geist-Schule Cittamatra aufsetzt. Lankavatara-Sutra, Die makellose Wahrheit erschauen, O.W. Barth Verlag,, 2. Auflage 2003, übersetzt von Karl-Heinz Golzio

[87] Zum Cittamatra, siehe Lankavatara-Sutra, Die makellose Wahrheit erschauen, O.W. Barth Verlag,, 2. Auflage 2003, übersetzt von Karl-Heinz Golzio

[88] Ein weitgehendes Modell zur transpersonalen Psychologie beschreibt Ken Wilber, Integrale Spiritalität, Spirituelle Intelligenz rettet die Welt, Kösel Verlag, München, 5. Auflage 2014

[89] Ein Beispiel für ein derartiges Modell hat Theresa von Avila aufgezeigt: Teresa von Ávila, Wohnungen der Inneren Burg, Vollständige Neuübertragung, Gesammelte Werke Band 4, Herausgegeben, übersetzt und eingeleitet von Ulrich Dobhan OCD, Elisabeth Peeters OCD, Verlag Herder Freiburg im Breisgau 2005

[90] Shurangama-Sutra (Das große Kronen-Sutra), Herausgegeben und übersetzt von Raoul Muralt, Ankor Verlag Frankfurt, 2007, 2. Kapitel, Manjusris Bericht, S. 124-131. Anmerkung: Das Shurangama-Sutra ist insofern schwer verständlich als es den Mystizismus seiner Zeit enthält, der nicht in die heutige Welt passt. Gleichzeitig ist es erforderlich, zwischen einer relativen Sichtweise und absoluten Sichtweise zu unterscheiden. 

[91] Ken Wilber, Eine kurze Geschichte des Kosmos, Fischer-Verlag, Frankfurt, 4. Auflage, 2000, 2. Teil. Die weiteren Reiche des GEISTES-in-Aktion, 13. Reiche des Überbewussten: Teil II, Das Nichtduale, S. 294f

[92] Lama Ole Nydahl, Das Große Siegel, Die Mahamudra-Sichtweise des Diamantweg-Buddhismus, Droemersche Verlagsanstalt, München, 2006, S. 11 sowie S.166

 

 

 

 

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